„Eine Flucht von Fiat nach Krypto ist in naher Zukunft denkbar, wenn man den Devisenmarkt betrachtet“
51 % der Konten von Kleinanlegern verlieren Geld beim Handel mit CFDs bei diesem Anbieter. Sie sollten sich überlegen, ob Sie das hohe Risiko, Ihr Geld zu verlieren, eingehen können.
Jacqueline Lehmann ist Managerin Crypto Assets bei Green Capital & Beteiligungen AG (GCB). Lehmann ist seit Jahren in der Schweizer Fintech-Szene unternehmerisch tätig, seit 2016 im Kryptobusiness und – uns Rede und Antwort gestanden. Das Interview:
Krypto-Monitor: Vergangene Woche traf die EZB eine Entscheidung über den Leitzins. Welche Auswirkungen kann das auf den Kryptomarkt haben?
Lehmann: Meiner Meinung nach beeinflusst der Makromarkt den Kryptomarkt und die Aktienkurse. Die Devisen erleben Talfahrten und die gesamte Wirtschaft befindet sich im Sinkflug, ausgelöst durch den aktuellen Krieg und die Corona-Politik. Daneben ist der Kryptomarkt noch sehr jung und daher auch volatil und leicht beeinflussbar. Jetzt, wo der Leitzins um 0,5 % erhöht wurde, hat man mit einem erneuten Werteabfall gerechnet. Doch stattdessen beginnt der Bitcoin-Wert langsam wieder zu steigen. Wo er sich Anfang Juli noch knapp über 18.000 Dollar befand, liegt er jetzt schon wieder bei weit über 22.000 Dollar. Es scheint, als würde er sich nicht von den Tesla- und Leitzins-News beeinflussen lassen.
Krypto-Monitor: Wie zuverlässig können Prognosen für den Kryptomarkt sein? Welche Zeithorizonte halten Sie für noch am geeignetsten, um Kursentwicklungen vorherzusagen?
Lehmann: Leider kann niemand mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, wie sich der Kurs zukünftig entwickeln wird. Man kann aber zum Beispiel auf vergangene Charts und Ereignisse schauen, wie diese den Kryptomarkt in der Vergangenheit verändert haben. Die aktuellen Auswirkungen könnten ähnlich aussehen und es gibt bereits tendenzielle Entwicklungen, die man betrachten kann. Dazu gehören etwa der Abverkauf von Mining-Farmen, die Tesla-Nachrichten über BTC-Verkäufe und News vom Makromarkt.
Vor allem in der jetzigen Zeit verändert sich der Kryptomarkt täglich. Dabei sollte man vorrangig beobachten, was große Institutionen, Banken und Mining-Farmen tun. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat der Bitcoin bereits seinen Tiefpunkt erreicht. Das kann man an den Orderbüchern von Binance und anderen Krypto-Exchanges erkennen. Bald werden also sehr viele Buy Orders getätigt werden.
Ich glaube fest daran, dass die gegenwärtigen Nachrichten den Kryptomarkt langfristig positiv beeinflussen. Eine Flucht von Fiat nach Krypto ist in naher Zukunft denkbar, wenn man den Devisenmarkt betrachtet. Außerdem sollte man beachten, dass der Bitcoin bereits den No-Return-Back-Punkt erreicht hat. Eben weil große Finanzinstitute, Vermögensverwalter, Unternehmen wie MicroStrategie und auch der größte Zahlungsanbieter Paypal den Coin bereits fest integriert haben. Zentralbanken dürfen Bitcoin sogar seit einiger Zeit als Währungsreserve verwahren.
Krypto-Monitor: Auf Ihrer Website sagen Sie, dass Sie Gewinne aus dem Krypto-Portfolio verwenden, um umweltfreundliche Projekte zu unterstützen. Wie geht das? Und: Was sagen Sie Kritikern, die aufgrund des hohen Energiebedarfs von Bitcoin diese Investments für unangebracht halten?
Lehmann: GCB plant die Gründung eines Tochterunternehmens, welches ich dann als Geschäftsführerin übernehmen soll. Wir werden dabei nicht nur eigene Inhouse-Akzeptanzstellen und einen OTC-Bereich für Kryptowährungen anbieten, sondern auch grüne Blockchain-Projekte mit Eigenkapital und unserem Krypto-Portfolio unterstützen. Zu diesen grünen Projekten zählen unter anderem solarbetriebene Mining-Farmen, die einen signifikanten Mehrwert für die Umwelt erbringen. Denn das betrifft die Zukunft von uns allen. Den Kritikern erklären wir, dass wir dazu ausschließlich Altcoins verwenden, denn die benötigen viel weniger Energie für das Proof-of-Stake-Protokoll. Sie laufen auf einem Rechenknoten und benötigen nur so viel Strom wie ein gewöhnlicher Rechner.
Krypto-Monitor: Wo sehen Sie die spannendste Marktentwicklung derzeit? Gibt es so etwas wie ein Lieblingsprojekt/coin?
Lehmann: Für die spannendsten Marktentwicklungen halte ich das dezentrale Finanzwesen, das Metaverse sowie die Non-Fungible Token. Zu meinen Lieblingscoins gehören Bitcoin, Theter, Solana, XRP DAI und Polkadot. Lieblingsprojekte von mir sind unter anderem verschiedene NFT-Projekte wie The Sandbox, Defi Compound, Chainlink und Uniswap. Ich achte dabei vor allem auf die Funktionen sowie den langfristigen Mehrwert für die Community. Also welche Probleme die Projekte und Coins lösen können und was aufgrund der Entwicklungen des Metaverse zukünftig gebraucht wird. Ein Problem, das gelöst werden muss, sind zum Beispiel die Gasgebühren beziehungsweise die Transaktionsgebühren. Ein Lösungsansatz dafür erbringt das Polygon Matic Netzwerk, bei dem diese Gebühren sehr niedrig gehalten werden.
Krypto-Monitor: Sie sind seit 2016 im Krypto-Business. Was war bisher Ihr größter Fehler bzw. wovor möchten Sie andere Anleger warnen?
Lehmann: 2016, als ich angefangen habe, war der Krypto-Markt noch sehr jung. Oft investieren Menschen zu schnell zu viel Geld in eine Kryptowährung oder steigen zu schnell wieder aus. Diesen Fehler habe ich, wie fast jeder Einsteiger in der Zeit, gemacht. Doch auch heute kommt das noch häufig vor, deshalb möchte ich anderen mit meinen Erfahrungen helfen. Zuerst einmal sollte man sich ein geeignetes Budget überlegen, das man investieren möchte. Dabei muss bedacht werden, dass man sein Geld auch vollständig verlieren kann. Investiere also nur so viel, wie du auch bereit bist zu verlieren und dessen Verlust du ertragen kannst. Als Nächstes gehören Kryptowährungen in ein diversifiziertes Portfolio. Bevor man sich für ein Investment entscheidet, sollte man sich Gründer, Roadmap und Community genau anschauen. Am besten ist es, den gleichen Geldbetrag über einen längeren Zeitraum in das gleiche Portfolio zu stecken. Der daraus resultierende Durchschnittskosteneffekt ist die beste Option einer langfristige Anlagenstrategie.
Krypto-Monitor: Ihre optimistischste Vision fürs ganze Krypto-Business?
Lehmann: Viele Bereiche haben den Bitcoin schon adaptiert. Da BTC in manchen Ländern sogar als Zweitwährung anerkannt wird, würde ich sagen, dass die Welt der digitalen Währungen auf dem Vormarsch ist. Dieses Beispiel zeigt auch, dass Krypto in einigen Bereichen eine Brücke zwischen der alten und der neuen Welt geschaffen hat. In einigen Ländern haben viele Menschen kein Bankkonto, aber dafür ein Smartphone. So haben digitale Banken die Möglichkeit, neue digitale Standards für diese Menschen zu errichten.
Es gibt viele Möglichkeiten, Blockchain als Technologie für den Handel oder die Wirtschaft zu nutzen. Zwei ganz aktuelle Beispiele dafür liefern Mercedes-Benz und Rewe. Der Autohersteller Mercedes hat vor einer Woche eine Plattform zum Datenaustausch auf der Basis von Blockchains gelauncht. Und eine Filiale des Lebensmitteleinzelhändlers Rewe hat in Offenbach heute einen Bitcoin-Automaten aufgestellt und ermöglicht ab sofort eine Zahlung mit Krypto. Aufgrund dieser Gegebenheiten bin ich optimistisch und denke, dass wir zukünftig noch sehr viel mehr neue Erfindungen in dem Bereich erwarten können. Bitcoin und Co. sind gekommen, um zu bleiben und wir können aus dieser Technologie einen Mehrwert ziehen, den wir selbst als am nützlichsten empfinden.
Link: Green Capital