Blockpit-CEO Florian Wimmer im Interview: „Ich sehe definitiv eine Chance, dass Bitcoin Gold ablöst“
Die Anzahl der Trader steigt seit dem enormen Kursanstieg der letzten Monaten immens: Der durchschnittliche Nutzer hat bei mehreren Exchanges mehrere Kryptowährungen. Es wird daher zunehmend schwieriger, den Überblick über die Buchführung für Steuerzwecke zu behalten. In den meisten europäischen Ländern ist der Handel mit den wichtigsten Kryptowährungen, Token, Mining, Airdrops und Forks steuerpflichtig und müssen den Behörden gemeldet werden. Das Problem: Viele Steuerberater kennen sich nicht aus. Das Start-Up Blockpit schafft Abhilfe und revolutioniert den Krypto-Steuer-Markt mit einem Steuerreport und Portfolio-Manager aus einer Hand. Wir haben mit dem CEO Florian Wimmer gesprochen.
Krypto-Monitor: Wozu habt ihr Blockpit gegründet und was war das Ziel?
Florian Wimmer: Grundsätzlich ist die Idee aus der eigenen Not heraus entstanden. Wir Gründer waren alle bereits vor 2015 im Kryptomarkt sehr aktiv und haben in unserer Neugierde alles Mögliche probiert – ohne viel Rücksicht auf steuerliche Konsequenzen. Dadurch haben sich tausende von Transaktionen mit hunderten von Assets auf verschiedensten Börsen und Wallets angehäuft. Mit den ersten Klarstellungen von Seiten des Finanzamtes zur Besteuerung von Kryptowährungen in Österreich 2017 wurde uns dann erst die Komplexität des Themas bewusst. Die Dokumentation und Steuerberechnung in Excel durchzuführen war schier unmöglich, also musste eine eigene automatisierte Lösung her. Wir haben mit dieser Kryptosteuer-Software gestartet und bieten inzwischen mehrere Lösungen zu Steuerberechnung, Herkunftsnachweisen und Anti-Geldwäsche an. Das Ziel ist es mit unseren Tools das nötige Vertrauen und Effizienz in das schnell wachsende Blockchain-basierte Finanzsystem zu bringen.
„Die Dokumentation und Steuerberechnung in Excel durchzuführen war schier unmöglich, also musste eine eigene automatisierte Lösung her.“
Florian Wimmer
Krypto-Monitor: Noch ist die steuerliche Situation in Europa recht inhomogen. Sind einheitliche Regelungen am Horizont?
Einheitliche steuerliche Regelungen bezweifle ich stark, da die Art der Versteuerung immer noch ein länderspezifisches Thema ist und bleiben wird. Woran aber gearbeitet wird ist erstmal eine EU-weite eindeutige Definition von „Krypto-Assets“ um darauf basierend Regulatorik zu schaffen. Zudem gibt es bereits einen Entwurf der DAC8-Richtlinie, welche den automatischen Informationsaustausch von VASPs (Virtual Asset Service Provider, zB Börsen oder Broker) mit den Behörden erwirken soll um Steuerhinterzieher aufzudecken.
In unserem Steuer-FAQ für Deutschland finden Sie zumindest die bestehenden Regeln.
Krypto-Monitor: Muss ich an den Fiskus denken, wenn ich nur ein paar Euro zum Spaß umtausche?
Den Fiskus im Hinterkopf zu behalten ist jedenfalls eine gute Idee. Es gibt aber genau für solche Fälle auch in den meisten Ländern Freigrenzen auf Spekulationsgewinne (zB. in Deutschland € 600 oder in Österreich € 440), unter denen man diese nicht erklären muss.
„Es gibt aber genau für solche Fälle Freigrenzen auf Spekulationsgewinne“
Florian Wimmer
Krypto-Monitor: Worauf müssen Investoren achten?
Hier gibt es leider tatsächlich viele Dinge, auf die man achten sollte, wenn man nicht nur legal, sondern auch steueroptimiert unterwegs sein will. Wichtig ist es jedenfalls die Deadlines für die Steuererklärung (AT: Juni des Folgejahres, DE: Juli des Folgejahres) zu kennen und sich natürlich auch gegen Ende des Jahres seiner angehäuften Steuerlast bewusst zu sein, um eventuell noch steuerschonende Maßnahmen zu ergreifen. Eine Besonderheit die wir in Österreich und Deutschland haben, ist die Steuerfreiheit auf Spekulationsgeschäfte nach einem Jahr Haltedauer. Es macht also Sinn, sich auch der Haltefristen seiner Assets bewusst zu sein.
Krypto-Monitor: Wann bist Du das erste Mal mit Krypto-Assets in Berührung gekommen?
Mit dem Thema Bitcoin bin ich tatsächlich 2012 das erste Mal in Berührung gekommen, leider aber auch nicht mehr. Wirklich beschäftigt habe ich mich mit Blockchain und Kryptowährungen erst 2015, dann aber auch sofort tief eingetaucht – sowohl aus technischer als auch ökonomischer Perspektive.
Krypto-Monitor: Die Krypto-Landschaft ändert sich rasant, kann der Gesetzgeber schritthalten?
Das bezweifle ich stark, wir sind jetzt noch dabei, für das Thema Internet neue Gesetze ins Leben zu rufen. Aber auch wenn man nicht ganz Schritt halten kann, ist eine Regulierung wichtig, um illegale Aktivitäten im Zaum zu halten. Es wird ein ständiger Wettlauf bleiben, aber dafür gibt es auch längere Verjährungsfristen auf Delikte.
„Wir sind jetzt noch dabei, für das Thema Internet neue Gesetze ins Leben zu rufen.“
Florian Wimmer
Krypto-Monitor: Wie oft müsst ihr eure Tools an Regularien anpassen?
Das kann man so genau leider nicht sagen. Im Mai 2020 gab es in Österreich eine BFG-Entscheidung, welche eine grundsätzliche Überarbeitung der Berechnungslogik nötig gemacht hat. Solche Judikatur, welche noch unklare Rechtsansichten eindeutig entscheidet, wird es wahrscheinlich in den nächsten Jahren öfter geben. Aus diesem Grund arbeiten wir eng mit Partnern etablierter Kanzleien zusammen um immer am aktuellen Stand zu bleiben.
Krypto-Monitor: Worin siehst Du die größten Chancen für Kryptowährungen?
Bitcoin entwickelt sich eindeutig zu einem sogenannten „Safe-Haven Asset“, also einer Anlage zur Absicherung gegen das Versagen unseres Finanzsystems, so wie Gold es ist. Jedoch weißt Bitcoin gegenüber Gold viele Vorteile, wie Fälschungssicherheit, leichten Transport und Zerteilung sowie ein absolut begrenztes Angebot auf. Hier sehe ich also definitiv eine Chance, dass dieses Asset nach Jahrtausenden Gold in seinem Zweck ablöst.
„Bitcoin entwickelt sich eindeutig zum ‚Safe-Haven Asset'“
Florian Wimmer
Eine zweite riesige Chance sehe ich in der Tokenisierung. Die Abbildung von Realwerten auf der Blockchain ermöglicht es Anlegern, in Assetklassen zu investieren, die zuvor für sie eventuell außer Reichweite waren. Beispiel dafür wären geringe Anteile an einer Immobilie, Teilaktien sowie durch Protokoll-Token die direkte Partizipation an den Erlösen eines neuen, dezentralen Finanzsystems.
Unser aktueller Zahlungsverkehr funktioniert in meinen Augen gar nicht so schlecht, wobei natürlich auch hier der Einsatz von Blockchain-Technologie Vorteile bei Kosten und Sicherheit mit sich bringen kann. Jedoch ist im Zahlungsverkehr eine Wertstabilität enorm wichtig, weshalb sogenannte Stablecoins nötig sind. Diese sind natürlich nicht unbedingt eine attraktive Anlage.
Krypto-Monitor: Worin siehst Du die größten Chancen für Kryptowährungen, um neue Systeme entstehen zu lassen?
Wie vorhin erwähnt natürlich wenn wir von Tokenisierung sprechen, aber auch das Thema DeFi (Decentralized Finance) hat enormes Potential. Es wird hier bereits unser traditionelles Finanzsystem mit all seinen Funktionen – zB Sparformen, Kredite, Handel und natürlich Zahlungsverkehr – über dezentrale Protokolle sehr erfolgreich gespiegelt. Jedoch fallen hier teure Mittelmänner weg und es ist nicht mehr nötig, einzelnen Parteien zu vertrauen: Alles passiert „trustless“ und voll automatisiert. Die schiere Effizienzsteigerung und Kostenersparnis macht es meiner Meinung nach unmöglich diese Disruption zu stoppen.
„Das Jahr 2021 kann zu einem Schlüsseljahr in der Adaption von Blockchain und Krypto werden!“
Florian Wimmer
Krypto-Monitor: Ihr habt gerade einen umfangreichen Steuer-Guide für Österreich gelauncht. Was sind die nächsten Steps für 2021?
Wir haben sehr viele Pläne für dieses und natürlich die kommenden Jahre. Etwa starten wir in diesem Quartal in zwei neue Märkte und bringen zahlreiche Verbesserungen in unserer Software. Auch wird natürlich für Deutschland ein solcher Guide erscheinen. Um den wachsenden Anforderungen durch den Markt und unsere Nutzer gerecht zu werden, stocken wir auch unser Team stark auf und suchen gerade in den Bereichen Softwareentwicklung und Business Development stets motivierte Talente. Das Jahr 2021 wird definitiv ein sehr spannendes und kann zu einem Schlüsseljahr in der Adaption von Blockchain und Krypto werden – natürlich gab der Markt bisher auch sehr schöne Gewinne für alle Investoren her, die ein interessantes Steuerjahr versprechen.
Krypto-Monitor: Danke für das spannende Gespräch!