Kurant-Chef Grill: "Österreich Vorreiter, deutsche Regularien strenger als in anderen Ländern"

Von Wien aus versorgt die Kurant GmbH europäische Länder mit Bitcoin ATMs. Mittlerweile ist das Unternehmen europaweiter Marktführer – wir sprachen mit Dr. Stefan Grill, Geschäftsführer von Kurant, über Regularien, Marktperspektiven und den kritischen Blick auf Libra.

Krypto-Monitor: Vielleicht kannst du eingangs kurz umreißen, wie ein Bitcoin ATM funktioniert. Was sind die Vorteile für einen User, der Coins quasi an einem Bankomaten beziehen möchte?
Stefan Grill: Ein Bitcoin-Automat ist – wie wir es gerne auch schlagwortartig festhalten – schnell, sicher und einfach. Für jemanden, der sich beginnt, mit Kryptowährungen zu beschäftigen, ist das sicher ein guter Einstieg. Man wirft einfach Bargeld am Automaten ein und erhält Kryptowährungen. An Two-Way-Automaten kann man sich seine Kryptos auch in Fiatwährung auszahlen lassen. Für diejenigen, die einen einfachen Weg für diese Wechseltransaktionen suchen, ist der Bitcoin-Automat sicher ideal. Dazu kommt ein wichtiger Aspekt, womit wir uns auch vom Mitbewerb unterscheiden: unser telefonischer Support. Wenn jemand noch nicht ganz sicher ist, kann er sich sowohl vor der Verwendung oder auch währenddessen telefonisch unterstützen lassen.
Bezüglich der Höhe der Beträge: In Österreich ist es möglich, anonym bis 250 € zu wechseln. Drüber hinaus muss man sich mit Ausweis und Foto registrieren. Dieser Prozess wird ebenfalls von unserem telefonischen Support begleitet. Danach ist es auch möglich, größere Beträge zu wechseln.
Krypto-Monitor: Eben. Stichwort „Know Your Customer“ – Kurant ist ja auch von der österreichischen Finanzmarktaufsicht anerkannt. Was bedeutet das?

Stefan Grill: Die Fünfte Geldwäscherichtlinie ist schon in einigen Ländern umgesetzt, so wurde auch in Österreich seit Beginn 2020 die Registrierungspflicht für Dienstleister wie uns eingeführt. Kurant ist es als erster Automatenanbieter gelungen, das Prozedere mit der FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm.) durchzuspielen. Für den Kunden bedeutet das, dass er sich ab einer gewissen Betragshöhe eben am Automaten registrieren und seine Ausweisdaten hinterlegen muss. Das entspricht aber im Großen und Ganzen den Abläufen, die wir in der Vergangenheit schon an den Automaten implementiert hatten, da wir versuchten, proaktiv in Kooperation mit den Behörden frühzeitig sämtliche Compliance-Vorschriften einzuhalten.

Krypto-Monitor: Die Homebase ist Ö, ihr seid aber international tätig. Mit wievielen Automaten aktuell?

Stefan Grill: Unser Heimmarkt ist natürlich hier, aktuell haben wir mit ca. 100 Bitcoin-Automaten in Österreich eine sehr gute Abdeckung. Es gibt aber auch einige andere europäische Länder, in denen wir tätig sind. In Spanien, Griechenland, Niederlande und Italien haben wir insgesamt in etwa 40 Automaten stehen. Wir sind permanent auf der Suchen, nach Möglichkeiten in neuen Ländern. Dies hängt aber natürlich von der konkreten Situation vor Ort ab. Man sieht – um auch das Thema KYC noch einmal zu streifen –, dass auch in anderen europäischen Ländern die Implementierung wie in Österreich über die Bankenaufsicht erfolgt. Nachdem wir das in Österreich schon erfolgreich durchlaufen haben, sind wir zuversichtlich, dass uns das auch in anderen Ländern gelingen wird.
Krypto-Monitor: Das heißt, es gibt keine einheitliche Rechtslage in Europa?
Stefan Grill: Es gibt eine europäische Vorgabe, die aber jeweils lokal vom Gesetzesgeber umzusetzen ist. Zeitlich differiert es sehr stark. Österreich war diesbezüglich ein Vorreiter. Das, was in Österreich schon zum Jahresanfang Vorgabe war, wird Stück für Stück in anderen Ländern umgesetzt. Man sieht, dass das ein guter Startpunkt für die Einführung der Prozesse in anderen Ländern ist. Insofern begrüßen wir schon die Vereinheitlichung, die seitens der Europäische Vorgaben betrieben wird.
Krypto-Monitor: Wo seht ihr spannende Perspektiven im Markt, und wie möchtet ihr die mitgestalten?
Stefan Grill: Kurant hat sehr viele internationale Kunden. Wir sehen viele Kunden, die länderübergreifend tätig sind und die etwa Finanzhilfen zu ihren Familien in die Heimat schicken. Und hier sehen wir viele Kundenschichten, die heute vielleicht noch nicht daran denken, dafür Kryptowährungen zu verwenden. In diesem Umfeld habe wir sehr großes Marktpotenzial vor uns. Und, hier schließt sich der Kreis zum vorher Gesagten: Der Automat mit seinen einfachen Transaktionen und Abläufen ist sicherlich ein guter Einstieg.
Krypto-Monitor: Wie könnt ihr das am besten begleiten?
Stefan Grill: Dort, wo wir mit Automaten tätig sind, kann der Kunde jetzt schon internationale Transaktionen erledigen. Man kann ja beispielsweise in Wien in einen Automaten einzahlen, und sein Familienmitglied kann sich das in Spanien auszahlen lassen. Dort, wo wir noch nicht tätig sind, ist es notwendig, einen anderen Dienstleister vor Ort zu haben. Mit der steigenden Anzahl der Länder, in denen wir unsere Automaten haben, sind wir dann in der Lage, diese Transaktionen direkt von Land zu Land durchzuführen.
Krypto-Monitor: Das heißt: Marschrichtung ist eine möglichst flächendeckende Präsenz?
Stefan Grill: Definitiv. Wir haben schon einen guten Footprint in Europa. Wir haben zuletzt auch in Spanien und Griechenland den Markteintritt gemacht, das sind große Länder, in denen wir sicher noch unsere Automatenbasis vergrößern möchten. Wir werden aber jedenfalls im Euroraum bleiben. Je unklarer die Situation vor Ort ist und wenn zusätzliche Kosten wie Währungstransaktionen mit Nicht-Euroländern hinzukommen, desto unattraktiver wird das Marktumfeld natürlich.

Krypto-Monitor: Spürt ihr Gegenwind von Banken?
Stefan Grill:  Keinen aktiven Gegenwind. Natürlich sind die Banken bisher sehr zurückhalten, uns zu unterstützen. Für das Bargeldhandling brauchen wir die Unterstützung der Banken. Beim Finden eines Set-ups pro Land würden wir uns mehr Unterstützung von den Banken erwarten. Wir sehen allerdings, dass die besprochenen Regularien Banken auch immer offener für dieses Thema machen. Wir haben aber sicher noch einen längeren Weg vor uns, um eine etablierte Kooperation mit regulären Geschäftsbanken eingehen zu können.
Krypto-Monitor: Viele Analysten sehen eine große Chance für einen Durchbruch zum Massenmarkt, wenn Facebooks Libra gelauncht wird…

Stefan Grill: Grundsätzlich haben wir in der Vergangenheit gesehen, dass solche Diskussionen in der Öffentlichkeit der Branche guttun. Die Uridee bleibt allerdings, dass Kryptowährungen dezentral sind. Daher wird alles, was im Zusammenhang mit Facebook passiert, tendenziell kritisch gesehen. Wir versuchen, uns als unabhängiger Wechseldienstleister zu etablieren, der keine signifikanten Nähe zu einzelnen Coins hat.
Krypto-Monitor: Bleibt mir nur zu fragen: Wovon würdest du gerne berichten, wenn wir uns in einem Jahr wiederhören?
Stefan Grill: Davon, dass wir das eine oder andere Land mit unseren Automaten ausgestattet haben. Was definitv noch ein interessanter Markt ist, über den wir noch gar nicht gesprochen haben, ist der deutsche Markt. Hier haben wir eine ganz eigene Situation, wo die Regularien strenger sind als in anderen Ländern. Ich hoffe, dass es auch dort bald eine Öffnung sowie einen Footprint der Kurant gibt und wir dann darüber sprechen können.

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Sascha Bém
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